Donnerstag, 23. September 2021

Die absurde Welt des homo industrialis - Revolution und Zivilisation

Die wahren Revolutionäre sind weder im Dschungel noch auf den Straßen zu finden, sondern in den Vorstandsetagen der globalen Konzerne, in den gated communities der Superreichen und beim Weltwirtschaftsforum und anderen Diskussionszirkeln der revolutionären Herrscher dieser Welt. Sie forcieren gerade die angelaufene vierte große Welle der kapitalistisch-industriellen Revolution, die Digitalisierung von allem und jedem und bereiten die fünfte vor, den Biokapitalismus.

 

Gerade der Teil der Bevölkerung, der sonst geradezu entsetzt auf das Wort Revolution reagiert, bejubelt die vierte Welle enthusiastisch. Das liegt allerdings daran, daß sie die Digitalisierung zwar durchaus als umwälzend wahrnehmen, aber nicht als "Revolution". Von der kapitalistisch-industriellen Revolution glauben sie, es sei nur eine industrielle Revolution gewesen, die schon längst vergangen sei. So leben sie denn ganz friedlich und satt in und mit einer seit 250 Jahren andauernden Revolution und schreien ganz fürchterlich, wenn jemand "Vive la Revolution" ruft: "Revolution ist Gewalt. Wir wollen das nicht". Es ist absurd und lächerlich.

 

Die im Diskurs stets abstrakt bleibende Verbindung von Revolution mit Gewalt scheint tief in die gesellschaftliche DNA der westlichen MafiaZivilisation eingeschrieben zu sein. Als Beispiel wird oft die Französische Revolution genannt. Nur ist diese Revolution halt schon vor 231 Jahren vom Bürgertum angestiftet worden. Die damaligen gesellschaftlichen Strukturen waren ganz andere als heute. Damals herrschte in Frankreich eine absolutistische Monarchie, heute haben wir es wenigstens mit einer repräsentativen Demokratie zu tun, so unzureichend die auch ist. Möglicherweise ist auch das staatliche Gewaltmonopol ein ganz wesentliches Moment, das auch revolutionäre Gewalt verhindert. Jedenfalls verliefen alle Revolutionen in den letzten Jahrzehnten weitgehend friedlich: Gandhis Revolution in Indien, die portugiesische Nelkenrevolution 1974, die osteuropäischen Revolutionen im untergehenden Sowjetimperium, die arabischen Revolutionen in Tunesien und Ägypten. Selbst die russische Oktoberrevolution verlief weitgehend gewaltlos. Am Tag dieser Revolution wurden nur 7 Personen in St. Petersburg von der Kerenski-Polizei erschossen, die harmlose Bürger für Revolutionäre hielt. Die mehrheitlich besoffene Kerenski-Regierung wurde von den Revolutionären gewaltlos beim Abendessen im Petersburger Winterpalais festgenommen. Die Gewalt begann erst, als die konterrevolutionären bürgerlichen und altzaristischen Kräfte im Bündnis mit ausländischen kapitalistischen Staaten wie Großbritannien, Japan, Frankreich und USA einen Bürgerkrieg anzettelten. Aber eine seit zweihundert Jahren anhaltende bürgerliche Gehirnwäsche wirkt halt sehr nachhaltig.

 

Die Gewalt der kapitalistisch-industriellen Revolution ist dagegen täglich zu spüren. Unter ihr leiden allen voran jene, die nicht dazugehören, weil sie nicht zahlungsfähig sind. Sie gehören zum Heer der Überflüssigen, das in der globalen kapitalistischen Ökonomie keine Arbeit findet, zur Zeit etwa 3 Milliarden Menschen umfasst, vorzugsweise außerhalb der Industriestaaten zu finden ist und im weiteren Verlauf der Digitalisierung drastisch anwachsen wird. Es sind weiters die Menschen, die in den Ressourcen- und Hegemoniekriegen der USA und der NATO ermordet werden, nach dem letzten Weltkrieg bis heute 20 bis 30 Millionen Menschen. Und so weiter.

 

Der Kapitalismus ist allerdings "nur" die aktuelle Erscheinungsform von MafiaZivilisationen wie der westlichen und der chinesischen. Begonnen haben Erpressung, Gewalt, Ausbeutung, Unterdrückung, Raub, Plünderung, Mord, Völkermord und sonstige kriminelle Praktiken bereits am Ende der Steinzeit, also vor 6.000 oder gar 10.000 Jahren. Die ersten, die es schafften, Macht zu erobern und sich so meist gewalttätig über ihre Mitmenschen erhoben, begannen mit Schutzgelderpressung: "Wir beschützen euch (vor allem vor uns), ihr zahlt dafür". So entstanden auf Macht basierende Zivilisationen. Die indigenen Zivilisationen, die seit tausenden von Jahren das Entstehen von Machtstrukturen in ihren Völkern und Stämmen verhindert haben, werden von diesen MafiaZivilisationen arroganterweise als "Wilde", also Nichtzivilisierte betrachtet. Wenn die MafiaZivilisationen nicht doch noch die ökologischen Gegebenheiten dieses Planeten anerkennen und sich entsprechend anpassen, werden die indigenen Zivilisationen die ökologische Weltkrise besser oder alleine überstehen. Das ist auch gut so, weil die indigenen Völker, zu denen etwa 400 Millionen Menschen gehören, bereits heute überwiegend im Einklang mit der Natur leben. Man muß also "nur" die MafiaZivilisationen zerstören, um die planetarischen Lebensgrundlagen vor der Vernichtung zu bewahren.

 

Zum Begriff "Zivilisation"

Nach meiner Definition leben in einer Zivilisation Menschen zusammen, die eine gemeinsame Kultur und Geschichte haben, gemeinsame Vorstellungen von Wirtschaft, Arbeit, Verhaltensweisen, Lebensformen und anderen menschenweltlich wichtigen Begriffen und die miteinander kommunizieren. Die Angehörigen einer Zivilisation müssen weder mit sich selbst noch mit anderen "zivilisiert" umgehen, um Zivilisation genannt zu werden, wie vor allem die westliche MafiaZivilisation beweist.

Es gibt noch andere Definitionen, die aber stark vom westlichen Zivilisationsverständnis geprägt sind und z.B. die indigenen Zivilisationen nicht inkludieren. Für das Verständnis der ganzen Menschenwelt taugen sie nicht.

 

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