Das Anpreisen von Rot-Rot-Grün als Waffe gegen den wachsenden
Wähleranteil von Rechten und Faschisten hat mal wieder Hochkonjunktur. Doch die
Vorstellung, man könne durch die Zusammenarbeit der als links verorteten
Parteien SPD, LINKE und GRÜNE wirksam die weitere Rechtswende der Wähler*innen
verhindern, ist naiv. Und sie könnte sich als verhängnisvolle Fehlkalkulation
erweisen.
Wer schon die politische Orientierung von Parteien mithilfe
von Farben deuten will, sollte wenigstens die Farben wählen, die der realen
Politik dieser Parteien entsprechen. Dann ist die Farbe der SPD nicht rot,
sondern ein mehr und mehr verblassendes
Zartrosa. Für den Lafontaine/Wagenknecht-Flügel der Linken würde ich ein echtes
Rot wählen, für die Reformer dieser Partei um Bartsch und Ramelow ein zartes
Hellrot. Die heutigen Grünen kennzeichnet am besten ein verwaschenes Lindgrün.
Ein rot-rot-grünes Bündnis ist also schon farblich gar nicht möglich. Und die
derzeitigen Umfrageergebnisse machen diese Nichtalternative sowieso zur Illusion.
Wer sich intelligenterweise nicht mit inhaltsleeren Worthülsen
wie R2G begnügt, sondern zur Beurteilung von Parteien deren reale Politik
berücksichtigt, tappt nicht in die naive Farbfalle. Die SPD unterstützt in der
großen Koalition CETA, TTIP und TISA. Das sind alles sogenannte
Freihandelsabkommen, die dazu gedacht sind, die demokratische Willensbildung in
den beteiligten Staaten zugunsten der Profitinteressen großer Konzerne auszuhebeln.
Mit Freihandel haben die nichts zu tun, den gibt es schon ohne sie. Sie stützt
die Kriegs- und Interventionspolitik der Bundesregierung, der EU, der NATO bzw.
der USA in Syrien, Irak, Afghanistan, Jemen, Afrika und sonst wo. Als Mitglied
der Bundesregierung lehnte sie auf Geheiß der USA in der UNO die Aufnahme von
Verhandlungen über ein Verbot der Atombewaffnung ab.
"Assad und Putin bomben Syrien zurück in die
Steinzeit", sagte im Oktober Cem Özdemir von den Grünen. Dabei „vergisst“
er zu erwähnen, dass Russland erst 2015 in Syrien eingegriffen hat. Gerufen hat
in Assad, der bei aller berechtigten Kritik immer noch der völkerrechtlich
legitime Präsident Syriens ist. USA, Frankreich und Großbritannien bomben seit
2011 Syrien zurück in die Steinzeit. Sie wurden nicht gerufen und verstoßen
damit jeden Tag gegen das Völkerrecht. Ähnliche russlandphobe Kalte-Kriegs-Sottisen
haben auch andere Spitzengrüne wie Marie-Luise Beck und Katrin Göring-Eckardt
drauf. Die Letztere forderte vor kurzem, in Syrien eine Flugverbotszone einzurichten.
Das hätte, wenn verwirklicht, leicht zu einem Krieg der Atommächte USA gegen
Russland führen können. Mit diesem irren
Haufen kann man keine Friedenspolitik machen, also auch nicht koalieren.
Der Wahlsieg von Donald Trump macht das gern vorgebrachte
Argument vom „kleineren Übel“ endgültig zum verbrannten Märchen. Das
Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel, bei dem mal die eher rechten, dann mal wieder die
eher linksliberalen Parteien des politischen Establishments in verschiedenen
Koalitionen die Regierungsmacht übernehmen und die gleiche Politik
unterschiedlich eingefärbt verkaufen, zieht nicht mehr. Ein wachsender
Bevölkerungsanteil macht nicht mehr mit und verabschiedet sich vom
Establishment.
Das ist auch gut so. Die verlogene neoliberale
Weiter-so-Politik, bei der seit Jahrzehnten nur die Ein-Prozent-Klasse der
Reichen und Superreichen gewinnt und alle anderen verlieren, muss endlich als
Verliererpolitik markiert werden. Das Traurige dabei ist, dass Rechte markieren.
Aber wer glaubt, eine gegen alle Erwartung 2017 zustande kommende Koalition von
SPD mit GRÜNEN und der LINKEN würde das ändern, irrt sich gewaltig. Die von SPD
und GRÜNEN erzwungene neoliberale Politik einer solchen Koalition könnte leicht
dazu führen, daß sie 2021 wiederum von einer schwarz-braunen Koalition (UNION +
AFD), vielleicht mit Beteiligung der FDP, abgelöst würde. Und das wäre dann der
Super-GAU.
Es ist besser, die LINKE hält sich da raus und bleibt
unversehrt von neoliberalen Schweinereien. Sie kann das, weil bei einem
stabilen Umfrageergebnis der AFD von zur Zeit etwa 12 % die Angst vor ihr so
rational ist wie die Angst des Elefanten vor der Maus. Die Leier vom
„Zusammenrücken der Demokraten“ und von
der „Einheitsfront gegen Rechts“ basieren auf alten Reflexen, die ohne
Nachdenken daher geplappert werden. Wer strategisch denkt, berücksichtigt nicht
nur den nächsten, sondern mindestens auch den übernächsten Zug. Die LINKE wird
als letzte noch verbliebene linke Alternative dringend gebraucht, vielleicht
schon 2021. Derweil muss es dem
progressiven Lager gelingen, eine wirkliche und glaubwürdige Alternative zu
Kapitalismus und Neoliberalismus zu entwickeln. Gelingt es – weltweit - nicht, geht
es abwärts mit dieser Zivilisation.