Mittwoch, 16. November 2016

Trump und die Linken


Wie sehr lineares Denken auch in „linken“ Kreisen verbreitet ist, wird an der Diskussion über den Wahlsieg Trumps kenntlich. Da wird dann anderen Linken, die in Trumps Triumph die Aufweichung der scheinbar ehernen Bindung des Mainstreams an den Neoliberalismus erkennen und das positiv kommentieren, vorgeworfen, sie seien für Trump. Obwohl der doch ein Faschist sei.  Schon das ist falsch. Faschismus wird in der Geschichtswissenschaft anhand von 6 Kriterien identifiziert, nachzulesen auf Wikipedia, siehe faschistische Elemente nach Gentile. Danach ist Trump ein sexistischer, rassistischer Demagoge und Macho mit einer gefährlichen Neigung zu politischem Autoritarismus, aber kein Faschist. Und sie messen die Entfernung Trumps und Hillary Clintons zu links anscheinend mit einem imaginären Lineal, auf dem die Entfernung von (neo)liberal zu links kleiner erscheint als die zwischen faschistisch und links. Tatsächlich ist der (Neo)Liberalismus aber ebenso eine Spielart des Kapitalismus wie Faschismus. Leicht zu studieren ist das an der Geschichte der Weimarer Republik. Dieses Lineal taugt also nichts, es ist naiv und unpolitisch. Wer eine linke Antwort und Strategie gegen rechtsradikale Demagogie entwickeln will, darf nicht bei der moralischen Verurteilung Trumps stehen bleiben.

 Ich z.B. sehe in der Wahl Trumps, daß der Riss zwischen "denen da oben" und "denen da unten" chaotisch wird, also nicht mehr nur mit Nichtwählen, sondern mit der Abwahl der neoliberalen Eliten sichtbarer wird. Das erhöht die Gefahr eines neuen Faschismus, kann aber auch von den Linken aller Couleur benutzt werden, um ihre politischen Vorstellungen verstärkt einzubringen, mit mehr Aussicht auf Erfolg. Der neoliberale Kapitalismus ist nicht mehr der starre, scheinbar unangreifbare Monolith der letzten Jahrzehnte. Auch in den kapitalistischen Metropolen wächst das Chaos, die Verhältnisse beginnen zu tanzen. DAS ist das Positive, das dieser Wahlausgang markiert, nicht Trump.

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