Dienstag, 28. Juni 2016

Sozialdemokratische Schönschwätzerei


In ihrem Aufsatz spricht die Sozialdemokratin und Politologin Gesine Schwan von Empathielähmung, von Missverständnissen, engstirniger Kommunikation und der Renaissance nationalistischer Vorurteile als Ursachen für den Brexit und die wachsende Unzufriedenheit europäischer Bürger*innen mit der Europäischen Union. Sie spricht nicht von den sozialen Verwerfungen durch die europäische Zockerkrise, deren Kosten den Steuerzahler*innen aufgehalst wurden und werden.  Nicht davon, daß die Politik der Kommission und des europäischen Rates weite Teile der Europäischen Union in ein Armenhaus verwandelt hat. Und auch nicht von der brutalen Unterdrückung demokratisch legitimierter Versuche, sich von den asozialen Folgen jener Austeritätspolitik zu befreien, die von der deutschen Regierung europaweit durchgesetzt wurde.

Sie schlägt vor, die „subjektiv wahrgenommene Abgehobenheit von Brüssel“ zu überwinden. Dazu bringt sie vor, man müsse die Kommunen stärker „in das Verhältnis zwischen Brüssel und den Nationalstaaten“ einbeziehen. „So könnten wir mit Hilfe der (organisierten) Zivilgesellschaft eine Bürgerbeteiligung organisieren, die den Bürgerinnen und Bürgern mehr demokratisch konstituierte Mitentscheidungen ermöglicht und durch Partizipation zu einer neuen Identifikation mit der EU führt“, schreibt sie. Allerdings sagt sie nichts darüber, wie das mit den europäischen Verträgen von Rom bis Lissabon vereinbart werden kann. Sollen die Brüsseler Bürokraten jetzt mit den Kommunen zusammenarbeiten und damit die genannten Verträge brechen? Und wie will sie die europäischen Eliten von ihren diffusen Vorschlägen überzeugen? Glaubt sie wirklich, daß die so ohne weiteres ihre neoliberale Ideologie an der Garderobe abgeben und fürderhin einen herrschaftsfreien Diskurs mit den europäischen Städten pflegen? Was will sie mit den 20000 Lobbyisten machen, die in Brüssel knallhart die Interessen ihrer Unternehmen verfechten? Will sie die bei Kaffekränzchen belätschern, in Zukunft doch bitte sozial und ökologisch gerecht zu agieren? Als letztes müsste sie dann noch mithilfe ihrer schöngeistigen Ergüsse die hartgesottenen Neoliberalen Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und Sigmund Gabriel überreden, auf ihre brutalstmöglich durchgesetzte Austeritätspolitik doch bitte mal zu verzichten. 

Gesine Schwans Elaborat als „Essay“ zu etikettieren, ist eine Frechheit. Es wird diesem Anspruch ebenso wenig gerecht wie der Aufsatz eines 15jährigen Gymnasiasten, der über ein Thema schreiben musste, von dem er nichts versteht. Ihr Geschreibsel ist die Fortsetzung der lauen sozialdemokratischen Schönschwätzerei, mit der bereits Sigmund Gabriel und Martin Schulz versucht haben, sich verbal aus ihrer Verantwortung für die europäische Misere heraus zu stehlen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Der kalte Bürgerkrieg

  Es wird zunehmend öde zu kritisieren, was in der westlichen Mafiazivilisation falsch läuft. Kritik will ja, daß das Kritisierte geändert...