Eigentlich wollte ich ja nichts zu dem sagen, was da in
Hamburg abgelaufen ist; denn eigentlich ist es nach dreißig Jahren politischer
Praxis außerhalb und gegen den Mainstream gähnend langweilig, sich immer wieder
mit den gleichen stumpfsinnigen Beschimpfungen gegen „Links“ auseinandersetzen
zu müssen. Es sind ja auch nie wohlformulierte Argumente, sondern armseliges
Gekeife, mit dem Ordnungswidrigkeiten und Straftaten dem linken Lager
zugeordnet werden. Doch man muß den Ekel vor dem ermüdenden antiintelligenten
Gekeife überwinden und doch was sagen. Wenn man es unwidersprochen lässt,
landet man möglicherweise schneller als man denkt in einem autokratischen Polizei-
und Überwachungsstaat, was dann auch für einen Rentner sehr unbequem sein
könnte. Die PolitikerInnen und die Polizei, mit ihrem neuen Bluthund Noske,
offiziell Dudde genannt, an der Spitze, taten in Hamburg einiges dafür, dies
wieder zu ermöglichen.
Für die, die jetzt wieder von Linkschaoten, Linksradikalen
und Linksextremisten schwadronieren, ist „Links“ ein Begriff für das Böse
schlechthin und ein Hassbegriff gegen alle, die man nicht zur eigenen Horde
rechnen will. Ich glaube nicht, daß auch nur einer von denen, die das Anzünden
eines Mülleimers durch „Linke“ für schlimmer finden als das Anzünden von
Asylantenheimen durch „Rechte“, die Frage, was links eigentlich ist, rational
beantworten könnte. Man braucht dazu, ich gebe es zu, auch eine zumindest
normal entwickelte Intelligenz.
Links sein heißt für mich, das unbrauchbar oder ineffizient
gewordene Alte zu kritisieren und das als brauchbarer empfundene Neue zu
fordern und nach Möglichkeit auch umzusetzen. Es heißt, die Welt mit einem
geistigen Horizont anzuschauen, der weiter ist als der geografische Horizont von
Bewohnern eines engen Alpentales. Linke geben sich nicht damit zufrieden, daß
sich einige wenige Gierschlünde die ganze Welt aneignen, damit ihr Luxusleben
finanzieren und die Armen der ganzen Welt in ihrem Elend allein lassen. Sie
geben sich auch nicht damit ab, daß die gleichen Gierschlünde ungestraft die
Lebensgrundlagen dieses Planeten zerstören. Wenn sie dagegen kämpfen, denken
sie aber vorher darüber nach, mit welchen Aktions- bzw. Politikformen sie
erfolgreich sein könnten. Autos und Mülleimer anzünden und Steine schmeißen
können schon deshalb keine erfolgreichen Aktionsformen sein, weil sie die
Bevölkerung, die man gewinnen muß, um das brauchbarere Neue erreichen zu
können, eher abstößt als gewinnt. Und sie berücksichtigen die
gesellschaftlichen und die konkreten Kräfteverhältnisse. Wer mit Zwisteln,
Flaschen und/oder Steinen gegen gut geschützte und bürgerkriegsmäßig gerüstete Polizisten
anrennt, hat über Kräfteverhältnisse eher nicht nachgedacht. Die, die das tun,
sind also keine Linken. Was sie tun, sind Ordnungswidrigkeiten oder sogar
Straftaten, aber keine politischen Aktionsformen. Sie gleichen in dem, was sie
tun, mehr den Hooligans, die bei Fußballspielen randalieren.
Sie sind allerdings auch nicht mit jenen Weltbrandstiftern
zu vergleichen, die in den klimatisierten Räumen der Hamburger Messehallen berieten,
wie man weiter ungestraft Mensch und Umwelt ausplündert, die Klimakatastrophe
nährt, völkerrechtswidrige Kriege führt, Menschen mit Drohnen und anderen
geeigneten Mordwerkzeugen umbringt, die Ressourcen anderer Völker raubt, die
Meere leerfischt und das Artensterben beschleunigt. Gegenüber dieser globalen
Mafia, auch G 20 genannt, wirken organisierte Steineschmeißer wie ein
wohltätiger Verein zur Unterstützung verarmter Taschendiebe. Von der
Zusammenkunft dieser mörderischen Mafia war in den Mainstreammedien nur am
Rande die Rede; denn stattdessen von den Randalen auf den Straßen zu reden,
stärkt die G 20–Mafia. Und das ist anscheinend der eigentliche Auftrag der
Mainstreammedien.
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