Donnerstag, 3. Oktober 2019

Tempelpriester und Todesengel

Der Herr Prof. Fritz Söllner hat völlig recht, wenn er in seinem Leserbrief schreibt: „Unabdingbar für eine effektive und effiziente Klimapolitik ist eine international koordinierte Vorgehensweise“. Sein Schluß, weil diese zur Zeit fehle, sei es deshalb besser, sich lieber an die Klimaerhitzung anzupassen als weiter auf nationaler Ebene Maßnahmen zum Klimaschutz zu planen und durchzuführen, ist aus Sicht der kapitalistischen Ökonomie logisch; denn die profitiert nicht am Sparen von Energie und Material, sondern an der Verschwendung. Für die nachfolgenden Generationen ist diese Sicht allerdings menschenverachtend. Für die macht es Sinn, heute schon und auch in Zukunft um jedes Zehntelgrad weniger Klimaerhitzung zu kämpfen.

Dafür muß man nicht alle 193 Staaten dieses Planeten gewinnen, sondern gerade mal zwanzig davon, also 10 %. Sie sind für knapp 80 % der CO2-Emissionen verantwortlich, repräsentieren knapp 90 % des Welt-Brutto-Sozial-Produktes und 64 % der Weltbevölkerung. Die Eliten dieser 20 Staaten muß man zu einem gemeinsamen Vorgehen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zwingen. Dies wird den Bevölkerungen dieser Staaten umso eher gelingen, je weiter die Klimaerhitzung fortschreitet. Zusätzlich erleichtert wird dieser Kampf, weil, bezogen auf die Wirtschaft, auch wieder ca. 70 % der CO2-Emissionen von nur 100 Konzernen verursacht werden, die alle in den angeführten 20 Staaten beheimatet sind. Gehen diese Staaten, unterstützt von den Vereinten Nationen, endlich gemeinsam gegen diese Profitgeier vor, können sie von diesen Konzernen nicht mehr gegenseitig ausgespielt werden und können sie zu einem ökologischeren Verhalten zwingen.

Für die kapitalistische Ökonomie ist es natürlich profitabler, weiterzumachen wie bisher. Der Bau von Deichen und Klimaanlagen für öffentliche Gebäude etc. bringt leicht verdientes Geld, weil der Kunde immer der Staat ist, der diese Investitionen nicht ablehnen kann. Das nächste kapitalistische Geschäftsmodell, das wahrscheinlich ebenso gigantische Profite wie das Rüstungsgeschäft bringen kann, ist auch schon in Sicht. Ist die Klimanot erst einmal groß genug, wird es den kapitalistisch-ideologisch verseuchten Eliten in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft leicht gelingen, die Menschen von der Notwendigkeit zu überzeugen, der Klimaerhitzung mit technischen Mitteln des Geoengineering zu begegnen. Unter diesem Schild wird man dann Mensch und Umwelt weiter so lange auszubeuten versuchen, bis nichts mehr geht und der Zivilisationszug die Endstation Armageddon erreicht. Bezahlen müssten ihren eigenen Untergang die gleichen, die heute schon am meisten unter den sozial ungerechten Verhältnissen leiden. Unsere ach so wissenschaftlich daher kommenden Ökonomen sind in Wahrheit die Tempelpriester und Todesengel des Kapitalismus.

(Dies ist die Antwort auf einen Leserbrief im Nordbayerischen Kurier, geschrieben vom angeführten Prof. Fritz Söllner)

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