Zitate:
„Der Dienstleistungssektor kann
immer nur zusätzlich zur
Rohstoffwirtschaft existieren, nicht jedoch an ihrer statt. Daher haben Dienstleistungen einen nicht unwesentlichen Ressourcenverbrauch,
der häufig zusätzlich zu dem
von Waren –nicht an Stelle von
diesem –gerechnet werden muss
(aus Entkopplungsreport „Decoupling debunked–Evidence
and arguments against green
growth as a sole strategy for sustainability“
2019 – EEB European
Environmental Bureau)“
„Darüber hinaus ist die sogenannte Entmaterialisierung in
den kapitalistischen Kernländern die Kehrseite der Produktionsverlagerung in
die Peripherie beziehungsweise Semiperipherie, das heißt ein Indiz für die
Umverteilung des Mehrwerts von der Peripherie und Semiperipherie ins
kapitalistische Zentrum“ (aus „Das Märchen vom grünen Wachstum“, Seite 50,
Bruno Kern, Rotpunktverlag)
„Dass dies einige wenige Soziologen und
Wirtschaftsjournalisten aus dem Umfeld von taz und Co. anders sehen, ist
erstaunlich, passt aber wohl zum linksliberalen Zeitgeist, der ökonomische und
soziale Fragen hintanstellt und stattdessen lieber auf abstrakter Ebene
verschrobene Theoriedebatten in Parallelwelten führt, in denen ökonomische
Gesetzmäßigkeiten nicht mehr gelten. Das mag für die Beteiligten ja als
sinnstiftend und intellektuell befruchtend wahrgenommen werden – der
gesellschaftlich nötigen Debatte erfüllen derart weltfremde Gedankenspiele aus
dem Elfenbeinturm jedoch einen Bärendienst und stellen vor allem für
progressive Anstöße einen Stolperstein dar.“ (Jens Berger in NachDenkseiten, „Es
ist kontraproduktiv, Wachstum zu verteufeln – auch und gerade im Rahmen der
Klimadebatte“, 02.10.2019)
Mein Text:
Dieser letzte Textauszug aus den Nachdenkseiten ist der
ideologischte, manipulativste, propagandistischte, populistischste, sektiererischte,
verschrobenste und weltfremdeste Text, den ich seit langem gelesen habe. Und er
erscheint ausgerechnet in den NachDenkseiten, deren Herausgeber gerade ein Buch
mit dem Titel „Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst“ veröffentlicht
hat. Er steht am Ende eines Textes, der falsch ist, weil er nichts mit der
Wirklichkeit zu tun hat.
Ich kenne keinen Text aus dem Umfeld der
Postwachstumsbewegung, der sich gegen Innovation und Kreativität wendet. Diese
beiden Merkmale sind ja geradezu notwendig, wenn man gegen das Wachstumsdogma
der gegenwärtigen kapitalistischen Produktionsweise ankämpft. Klar ist auch,
daß eine postkapitalistische Wirtschaft und Gesellschaft dynamisch sein muß;
denn sie muß einerseits Altes, Überflüssiges und Schädliches beseitigen,
andererseits aber auch Neues schaffen, z. B. viele, viele kleine Dorfläden
statt gigantischer Einkaufspaläste in den urbanen Zentren.
Klar ist aber auch, daß die Entkoppelung von Wachstum und
Ressourcenverbrauch noch nie funktioniert hat, nicht funktioniert und auch nie
funktionieren wird. Diese Erkenntnis findet sich nicht nur bei der
Postwachstumsbewegung, sondern auch in inzwischen zahlreichen Studien, von
denen ich oben nur die des“Europian Environment Bureau“ anführe. Und für
Dienstleistungen gilt, was ich in beiden Zitaten anführe: auch sie sind in der
Regel mit der Zunahme von Ressourcenverbrauch verbunden. Wenn man nun noch
bedenkt, daß es heute schon vier Erden bräuchte, wenn alle lebenden Menschen so
viele Ressourcen verbrauchen würden wie die etwa 40 % wohlhabendsten
Bewohner*innen der 20 reichsten Industrieländer, läßt sich leicht ausrechnen,
daß der Ressourcenverbrauch in diesen Industrieländern und dieser
Verschwendungseliten und damit die gesamte industrielle Herstellung von Produkten
und Dienstleistungen um etwa 70 bis 80 Prozent verringert werden muß. Dies wird
entweder freiwillig durch die Menschen selbst geschehen oder der Planet wird es
erzwingen. Begonnen hat dieser Prozess des Erzwingens ja schon, mit der
Klimaerhitzung und allen anderen bekannten Krisenerscheinungen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen