Donnerstag, 9. Juli 2020

Es geht um Hegemonie


Allein an den Umfragezahlen der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl läßt sich ablesen, was die Coronastrategie der Kanzlerin bewirkt hat. Am 23.01.2020 lag die Union noch bei 26 %, die Grünen als Hauptkonkurrent um den 1. Platz in der neoliberalen Hegemonie lagen schon bei 24 %. Jetzt am 02.07.2020 liegt die Union bei 37 %, die Grünen liegen bei 20 % und sind damit klar auf den 2. Platz verwiesen worden. Die Strategie der Grünen, im neoliberalen Kontext für eine grünere Politik die führende Rolle zu erobern, ist zumindest vorläufig gescheitert. Die großen „Strategen“, die den Neoliberalismus bereits am Scheitern sahen, erweisen sich als lächerliche falsche Propheten. Tatsächlich wird die neoliberale zur kapitalistisch-formierten Gesellschaft, das Rezept liefert das WeltWirtschaftsForum mit dem „Great Reset“. Erreicht hat die wirklich erfolgreiche Strategin Angela Merkel ihren zumindest vorläufigen Triumph auf der emotionalen Schiene, vorzugsweise mithilfe der Propagandamittel Framing und Nudging.



Uns geht es gut - Zufriedenheit
Eine der Ursachen für diese fatale Entwicklung ist die Zufriedenheit der 60-Prozent-Bevölkerung, der es ja wirklich nach wie vor materiell gut geht. Sie können sich die dicksten SUVs leisten, dreimal jährlich bis auf die Malediven in Urlaub fahren, biologisch einwandfreie Nahrungsmittel konsumieren, den Müll sauber trennen und sich über die „asozialen Umweltverschmutzer“ und/oder die „Sozialschmarotzer“ aufregen. Dieses „uns geht es gut“ höre ich immer wieder, es war leicht für die Herrschenden, es durch Nudging zu fördern. Für mich hört es sich so einfältig und unwissend an, als würde es von einem Menschen gesprochen, der noch nicht realisiert hat, daß er bereits unheilbar an Krebs erkrankt ist. Der Krebs heißt aber nicht Corona, sondern „Zivilisationskrise“. Sie setzt sich hauptsächlich zusammen aus Klimakrise, Bodenkrise, Wasserkrise, Artensterben, kriegerischem und krisengeschütteltem Kapitalismus, Stickstoff- und/oder Phosphorkrise. Anders als Corona hat sie das Zeug, dem menschlichen Spuk ein Ende zu setzen. Das ist für die große Mehrheit und für die Politiker*innen aber noch soweit weg und deshalb sowas von nicht beachtenswert. Das fürchterliche Ungeheuer „Corona“ ist viel näher.

Gedacht wird auch nicht oder nur ein bißchen an die, denen es nicht gut geht. Also an die inzwischen 40 % der  Bevölkerung in den Industrieländern, die arbeitslos sind, dauerkrank sind, Alleinerziehende sind, mit Hartz 4 oder Niedriglöhnen zurechtkommen müssen und/oder Lebensmittelhilfen beanspruchen müssen, weil sie nur so, unter oder knapp über dem Existenszminimum, über die Runden kommen. Sie alle werden die Kosten des unnötigen Lockdowns bezahlen müssen, wenn die Sozialhilfen erwartungsgemäß gekürzt oder nicht erhöht werden. Wer sind auch schon die Soloselbständigen, die kleinen Einzelhändler und Gastronomen, Schausteller und die vielen Kulturschaffenden, die während des Lockdowns keine ausreichenden Einnahmen generieren konnten und mit dem Verlust ihrer Existenzgrundlage rechnen müssen. Weniger interessant als das ungeheuer bedrohliche Coronavirus sind für Menschen, die ins eigene gute Leben verliebt sind, auch die Teile der Weltbevölkerung, die außerhalb der reichen Industrieländer im Elend vegetieren müssen, weil wir ihren Reichtum klauen und davon unseren perversen Lebensstil finanzieren. Und deren Lebensverhältnisse durch den global wirkenden Lockdown noch einmal elender wurden, weil viele übergangslos arbeitslos geworden sind. Millionen Menschen außerhalb der Industrieländer werden voraussichtlich deshalb verhungern.


Wir wollen Sicherheit - Angst
Die Gläubigen von Corona haben samt allen Politiker*innen und allen MainstreamMedien geflissentlich den Verfassungsbruch übersehen, den die Kanzlerin mit ihrer frenetisch bejubelten Coronarede am 18.03.2020 beging; denn die Maßnahmen, die sie verkündete, waren mit dem Bundestag zu diesem Zeitpunkt nicht abgestimmt. „Es sei in der Bundesrepublik eine „Notstandsordnung für mehrere Monate und gegebenenfalls noch länger“ etabliert worden, „die eigentlich nicht vom Parlament beschlossen ist, obwohl wir eine parlamentarische Demokratie sind“ (Hans Jürgen Papier, ehemaliger Verfassungsrichter, zitiert in https://www.rubikon.news/artikel/notstand-als-verfassungsbruch). Zentrale Grundrechte wurden eingeschränkt: Freizügigkeit in der Lebensgestaltung, Religionsausübung, Versammlungsrecht, Eigentumsrecht, Arbeitsrecht und Gewaltenteilung. Die Regierung macht bisher keine Anstalten, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zurückzunehmen, die im Infektionsschutzgesetz eingefügt wurden. Man muß also durchaus damit rechnen, daß man sie auf permanent setzen will. Das juckt die Gläubigen von Corona aber nicht. Sicherheit ist für sie anscheinend wichtiger als Freiheit und Demokratie. Dabei konnten alle schon seit Veröffentlichung der sog. Heinsbergstudie Anfang Mai wissen, daß die durchschnittliche Corona-Todesrate bei 0,37 % liegt, jeder also zu 99,63 % sicher sein kann, nicht an Corona sterben zu müssen. Selbst die gefährdetste Risikogruppe, Menschen über 80 und mit Vorerkrankungen, sind zu 86% sicher. Das genügt aber nicht, die Gläubigen von Corona wollen 100 % Sicherheit. Auch wenn das lächerlich und unmöglich ist und im globalen Süden mörderische Kollateralschäden verursacht.

Viele haben auch nach der Entwarnung durch die Heinsbergstudie Anfang Mai noch Angst gezeigt, obwohl das imaginierte Coronamonster zur Coronamaus mutierte, die über die Straße lief und laut piepste: „Ich bin ein Elefant und trampel euch nieder“. Allerdings sollte man besser sagen, sie wurde von der real existierenden Matrix über die Straße getrieben und gezwungen, dies zu piepsen. Weil es erwünscht war, daß die Gläubigen von Corona Angst bekommen. Wie nie zuvor betrieb sie, ohne zentral gesteuert zu werden, eine einheitliche Propaganda und setzte den Rahmen (gerne Framing genannt), in dem bleiben muß, wer dazugehören will. Wer die Coronapolitik kritisierte, sie gar als überzogen oder falsch bezeichnete, wurde sofort ins Abseits gestellt. Der Diffamierungsbegriff „Verschwörungstheoretiker*in“ ersetzte die des Kalten Krieges wie Kommunist, Radikalinski und langhaarige Affen und wird seitdem gehandhabt wie einst die Begriffe Ketzer und Häretiker durch die Heilige Inquisition der katholischen Kirche. Es geht ja auch diesmal nicht um einen rationalen Disput, sondern um Coronagläubige und Coronaheiden.



Wem nützt es
Schon Niklas Luhmann behauptete, es gäbe keine allgemeingültige Wahrheit, jedes soziale System habe seine eigene Wahrheit. In komplexen Gemengelagen gilt das auf jeden Fall, eine einheitliche Sichtweise kann es nicht geben, schon weil die Interessen der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure unterschiedlich sind. Verstärkt wurde dies im Coronafall durch die unsichere, sich ständig ändernde Informationslage, das Virus war schließlich neu. Es war deshalb völlig normal, daß Wissenschaftler andere als die offizielle Sichtweise, meist dargeboten durch Professor Drosten, in die Diskussion einbrachten. Nicht normal war es, daß sie von Politik, Medien und den Gläubigen von Corona unisono dafür ins gesellschaftliche Abseits gestellt, als „Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkt wurden. Das war nicht rational, sondern roch nach religiösem Wahn. Jeden halbwegs intelligenten Menschen, dessen Gehirn nicht angstvernebelt war und der gewohnt ist, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, mußte das mißtrauisch machen. Diese Menschen stellten Fragen und wurden unverzüglich genau deshalb ebenfalls als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt. Die Fragen waren die üblichen: warum diese eilfertige sektiererische Ablehnung aller abweichenden Gedanken, wer profitiert davon und von der Angst, die auch gezielt erzeugt wurde, wie ein Dokument aus dem Innenministerium beweist:Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden: Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.“ (https://fragdenstaat.de/dokumente/4123-wie-wir-covid-19-unter-kontrolle-bekommen/, Seite 17).
Einiges kann inzwischen beantwortet werden. Die bereits laufende Wirtschaftsrezession konnte man jetzt als Coronakrise benennen, womit die Schuld daran von Politik und Wirtschaft zum Virus verschoben werden konnte. Der aus heutiger Sicht unnötige Lockdown beschädigt im wesentlichen Wirtschaftsbereiche, die nicht im Fokus der konzernhörigen Politik stehen. Möglicherweise eröffnet die erwartete Pleitewelle in der klein- und mittelständischen Wirtschaft zusätzliche Investitionschancen für die Konzernwirtschaft, beispielsweise für die Systemgastronomie, also McDonalds, Starbuck und Company. Für die Pharmaindustrie öffnet sich mit den angestoßenen, global geplanten Impfprogrammen ein riesiges Feld gigantischer Profite. Weitere Viren zum Impfen wird es sicher geben.

Vor allem die Big Five, also Amazon, Microsoft, Google, Facebook und Apple, treiben seit Jahren ihre Programme zur Kontrolle, Überwachung und Manipulation voran. Sie arbeiten eng mit den Staaten und deren Geheimdiensten zusammen, was besonders für die USA gilt. Die zum Schreckgespenst aufgeblasene Coronapandemie bot die Chance, diese Programme ohne viel Widerstand weiter zu bringen. Wurde Widerstand spürbar, wich man vorsichtig zurück und erweckte den Eindruck, daß man die ganzen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen nach überstandener Katastrophe wieder zurücknehmen wolle. Der Punkt, wann das sein wird, definiert vor allem die Kanzlerin inzwischen aber so, daß er eher nie erreicht werden wird; denn dieses Virus wird bleiben, auch wenn geimpft wird. Also bleiben auch die angeblich temporär eingeführten Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen permanent.


Trübe Aussichten
Die neoliberalen Strategen wollen die kapitalistische Welt in eine „StakeholderGesellschaft“ verwandeln, in der privatwirtschaftliche Konzerne und die konzernhörige Politik gemeinsam die Geschäfte und die Politik besorgen. In diesem privat-öffentlichen Great Game werden die Menschen mehr und mehr zu bloßen Objekten degradiert, die man mit den perfektionierten Mitteln der modernen Propaganda auf Linie hält. Der neue Faschismus ähnelt der formierten Gesellschaft, die in den sechziger Jahren bei den Konservativen in Mode war.

Für mich ist das Corona-Geschehen auch ein Meilenstein in einer Entwicklung weg von jenem kritischen gesellschaftspolitischen Bewußtsein, das nach 1968 entstanden war. Es erfaßte zwar nie mehr als eine Minderheit, die aber von 1968 bis in die späten 1980er Jahre wuchs. Seitdem schrumpft sie und ihr Einfluss. Sie hat jetzt einen Stand erreicht, den sie zum letztenmal vor 1968 hatte. Auch viele Linksliberale und Linke haben sich anscheinend endgültig mit Corona in die Front derer eingereiht, die den Regierenden nicht mehr kritisch, sondern gläubig gegenüberstehen. Sie beschäftigen sich lieber mit Petitessen wie Ich oder Nichtich, schlimm oder nicht schlimm, tot oder nicht tot, Trump oder Bolisario. Die neoliberalen Strategen schauen diesem dämlichen Gemetzel zu und freuen sich.

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